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2022
KubaParis
Grind&Shine Inc. by Cake&Cash presents Svetlana Mijić
Location
Kunstverein Harburger Bahnhof / Vitrinen auf Gleis 3 & 4Date
13.01 –26.02.2022Curator
Cake & Cash Curatorial CollectivePhotography
Annika GraboldSubheadline
Die Ausstellung in den von Cake&Cash kuratierten Vitrinen im Harburger Bahnhof zeigt Arbeiten von der Künstlerin Svetlana Mijić. Wie alle Ausstellungen dieser Reihe, setzt auch Mijić sich mit der Thematik der Selbstverwirklichung auseinander.Text
Grind&Shine Inc. by Cake&Cash presents Svetlana Mijić
15.1.22 - 27.2.22
DE
Die vierte Ausstellung in den von Cake&Cash kuratierten Vitrinen am Harburger Bahnhof zeigt Arbeiten von der Künstlerin Svetlana Mijić. Ihre künstlerische Praxis ist nicht darauf aus zu schöpfen – vielmehr interessiert sie das Sammeln und Sortieren. In einem Gespräch sagte sie einmal: „One is made out of two, I think - nicht anders herum.“ Und so entwickelt sie stetig neu eine Poetik des Sammelns und Fragmentierens. Wie alle Ausstellungen dieser Reihe, setzt auch Mijić sich mit der Thematik der Selbstverwirklichung auseinander; ihren Zugang bildet die Identität als Transit. Es geht darum, Komplexität zuzulassen, sie nicht nur zu ertragen, sondern wohlmeinend zu umarmen. Nicht darum, sie beherrschen zu wollen, sondern sich in ihre Nebenschauplätze zu versenken, dort ins Träumen zu geraten. Doch sie verliert sich dort nicht, im Gegenteil. In den Vitrinen am Gleis nähert sich die Künstlerin ihrem persönlichen Transit auf drei Weisen, in einer offen gedachten Form des Archivs. Sie hat sich drei sehr konkrete Gegenstände gesucht, um sie so zu einem Bild werden zu lassen, dass wir eingeladen sind, uns auf unserem kleinsten gemeinsamen Nenner zu begegnen: der Flüchtigkeit unserer Identität.
Das Knabbern von Sonnenblumenkernen bezeichnet Mijić als „einen Begleiter meiner Existenz“. Es ist eine soziale Praxis und zugleich ein Symbol kollektiven Wartens. Wo Sonnenblumenkerne geknabbert werden, ist man miteinander, wird Stress abgebaut, sich gelangweilt oder beschäftigt. Aber all diesen Zuständen ist gemein, dass wir uns dabei in einer Schwebe befinden, in Erwartung auf eine Ankunft, irgendwo. Mijić begegnet den Sonnenblumenkernen in Form von kleinen Häufchen auf dem Boden; als hätten die Menschen Spuren gelegt, um einen vergänglichen Abdruck ihrer Existenz zu hinterlassen. Oder suchen sie einfach den Weg nach Hause?
Ein Gegenstand, der die Fragmente all der Geschichten unserer Identität in sich aufnimmt, in sich komprimiert, ist für die Künstlerin die „Red-Blue-White-Bag“: eine große, günstig verarbeitete, im Karomuster aus rotem, blauem und weißem Plastik gewebte Tragetasche mit Reisverschluss. Jede Sprache und Kultur scheint ihre eigene Bezeichnung für diese Tasche zu haben; im Serbischen heißt sie „krmača“, das heißt übersetzt „die Sau“. Sie nimmt alles in sich auf, wird ein schwerer Leib, der mit körperlicher Anstrengung getragen werden muss – wohin auch immer. Durchdrungen von den verschiedensten Prozessen kultureller Aneignung scheint sie herrlich ambivalent. Mijić zerlegt die Tasche in ihre Einzelteile, spannt sie ein und erzeugt damit eine resonante Oberfläche, die uns ihr Verwoben-Sein zur Schau stellt.
Die Summe Svetlana Mijićs Bewegungen hat sie an irgendeinem Punkt nach Deutschland gebracht. Mit ihrem dritten Gegenstand teilt sie mit uns, wie sie sich den Zugang zur deutschen Sprache und Kultur erarbeitet hat. In Dokumenten, die sie uns zeigt, ist sie immer wieder damit konfrontiert, sich selbst zu kontextualisieren, aber auch mit dem kulturellen Subtext, der stets versucht wurde ihr zuzutragen.
Svetlana Mijić wurde im 1992 in Serbien geboren. Nach dem Abitur zog sie nach Deutschland, um Kunst an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach zu studieren. Sie arbeitet multimedial und hauptsächlich konzeptuell - meistens mit gesammeltem, oft gefundenem Material, kombiniert mit eigenen Erinnerungen und Erfahrungen. Die Flüchtigkeit der Zeit ist dabei ein wiederkehrendes Thema, was in einen Drang des ständigen Dokumentierens resultiert. Emanzipation und die Suche nach der eigenen Identität sind zentrale Forschungsgegenstände ihrer Arbeit.
Ihre Arbeiten waren bis jetzt u.a. in den Opelvillen (Rüsselsheim), Museum Angewandte Kunst (Frankfurt) und der Photon Galery (Ljubljana) zu sehen, sowie in anderen Solo-und Gruppenausstellungen.
Die Ausstellung entsteht mit freundlicher Unterstützung der Freien und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Harburg.
Das Programm des Kunstverein Harburger Bahnhof wird ermöglicht durch die Freie und Hansestadt Hamburg und die Liebelt-Stiftung, Hamburg.
Grind&Shine Inc. by Cake&Cash presents Svetlana Mijić
EN
The fourth exhibition in the showcases curated by Cake&Cash at the Harburg train station features works by the artist Svetlana Mijić. Her artistic practice is not about creating - rather, she is interested in collecting and sorting. In a conversation she once said, "One is made out of two, I think - not the other way around." And so she constantly redevelops the poetics of collecting and fragmenting.
Like all of the exhibitions in this series, Mijić deals with the theme of self-realization; her approach revolves around identity as transit. It is about permitting complexity, not just enduring it, but embracing it benevolently. It is not about wanting to control it, but about immersing oneself in its sideshows, drifting into dreams there. But she does not lose herself there, on the contrary.
In the showcases on the platform, the artist approaches her personal transit in three ways, in an openly conceived form of the archive. She has sought out three very concrete objects to make them into an image in such a way that we are invited to encounter each other at our lowest common denominator: the fleetingness of our identity.
Munching on sunflower seeds is what Svetlana Mijić calls "a companion of my existence". It is a social practice and at the same time a symbol of collective waiting. People are nibbling on sunflower seeds, they are together, relieving stress, getting bored or busy. All of these states share the sense that we are in a state of limbo, waiting for an arrival, somewhere.
Mijić encounters the sunflower seeds in the form of small heaps on the ground; as if people had made tracks to leave an ephemeral imprint of their existence. Or are they simply looking for the way home?
For the artist, an object which absorbs and compresses within itself the fragments of all the stories of our identity is the Red-Blue-White-Bag. Every language and culture seems to have its own name for this bag; in Serbian it is called "krmača", which translates as "the sow". It holds and absorbs everything, becomes a heavy body that must be carried with physical effort - wherever. Permeated by the most diverse processes of cultural appropriation, it appears wonderfully ambivalent.
Mijić disassembles the bag into its individual parts, stretches it and thus creates a resonant surface that displays its interwoven-ness to us.
The sum of Svetlana Mijić's movements has brought her to Germany at some point. With her third object, she shares with us how she gained access to the German language and culture. In the documents she shows us, she is constantly confronted with contextualizing herself, but also with the cultural subtext that has always been attempted to be imposed upon her.
Svetlana Mijić was born in Serbia in 1992. After graduating from high school, she moved to Germany to study art at the Hochschule für Gestaltung in Offenbach. She works multi-medially and mainly conceptually - predominantly with collected, often found material, combined with her own memories and experiences. The fleeting nature of time is a recurring theme, resulting in an urge to constantly document. Emancipation and the search for one's own identity are central research subjects in her work.
Her work has been shown at the Opelvillen (Rüsselsheim), Museum Angewandte Kunst (Frankfurt) and Photon Gallery (Ljubljana), as well as in other solo and group exhibitions.
The exhibition is kindly supported by the Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Harburg.
The program of the Kunstverein Harburger Bahnhof is made possible by the Behörde für Kultur und Medien and the Liebelt-Stiftung, Hamburg.
Cake & Cash Curatorial Collective