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2022
KubaParis
La Grande Bouffe
Location
Lovaas ProjectsDate
13.02 –12.03.2022Curator
Leontine KöhnPhotography
Leonard MandelSubheadline
In the group exhibition "La Grande Bouffe" the common meal as a familiar situation and assertion to us forms the playful framework. Food intake, pleasure, gorging, gluttony, decadence, oversaturation, perversion and absence. Lovaas Projects presents works by 15 young artists from Munich, Frankfurt, Berlin and Antwerp. The works made for the exhibition are positioned on the improvised table consisting of four tables. The artistic positions are lined up on a red and white checkered wax blanket, which reminds one of "the favorite Italian restaurant around the corner". In between you can discover a real cow's head, romanesco, mountains of grapes, cabbage, tangerines, popcorn, parsley and cabbage. Real candles and a colorful string of lights create an inviting atmosphere. The approximately 60 artistic positions do not have their own assigned place, but together form the scene of the festive table. They merge into a group that collectively asks questions about authorship, weakness and power of the "many". Artist: Charles de Bisthoven, Johannes Büttner, Stjin ter Braak, Živa Drvarič, Maximilian Haja, Anka Helfert, Verena Issel, Marie Jaksch,Kristina Lovaas, Paulina Nolte, Rosanna Marie Pondorf, Nico Sauer, Weberei, Nicholas Warburg, bis einer weintText
La Grande Bouffe
In der Gruppenausstellung „La Grande Bouffe“ bildet das gemeinsame Essen als uns bekannte Situation und Behauptung den spielerischen Rahmen. Nahrungsaufnahme, Genuss, Fressen, Völlerei, Dekadenz, Übersättigung, Perversion und Mangel. Lovaas Projects präsentiert Arbeiten von 15 jungen Künstlern und Künstlerinnen aus München, Frankfurt, Berlin und Antwerpen. Die für die Ausstellung gefertigten Arbeiten positionieren sich auf der, aus vier Tischen bestehenden, improvisierten Tafel. Auf einer rot-weiß karierten Wachsdecke, die einen an „den Lieblingsitaliener um’s Eck“ erinnert, reihen sich die künstlerischen Positionen ein. Dazwischen kann man einen echten Kuhkopf, Romanesco, Berge von Trauben, Kohl, Mandarinen, Popkorn, Petersilie und Kohl entdecken. Echte Kerzen und eine bunte Lichterkette sorgen für eine einladende Stimmung. Die circa 60 künstlerischen Positionen haben keinen eigenen, zugewiesenen Platz, sondern bilden gemeinsam die Szene der Festtafel. Sie verschmelzen zu einer Gruppe, die im Kollektiv Fragen zu Urheberschaft, Schwäche und Macht der „Vielen“ stellt.
In dem Film „Das große Fressen“ von Marco Ferrini suizidieren sich vier Männer um die fünfzig mit einem delikat zubereiteten Festmahl und ungezügelten sexuellen Abenteuern. Ferrini spart die Folgen der Völlerei nicht aus - so wird der Blick der Betrachtenden über barocke Körperformen zu einem von Exkrementen überfluteten Badezimmer geleitet. Das Schwanken zwischen Ekel und Genuss, visuellen- und olfaktorischen Erlebnissen, wird auch in der Ausstellung aufgegriffen. Die transdisziplinären Arbeiten weisen unterschiedliche Materialitäten und Techniken auf - von Bienenwachs, zu Backwaren wie Brot oder Kuchen, geschreddertem Geld, einem Ölfass, Fleischware zu klassischeren Oberflächen, wie Marmor, Keramik, Jaquard, Gips, Holz und Bronze. Ob mit einer CNC-Maschine, den Händen, Lasergravur, Pinsel und Farbe, Webstuhl, Backstube oder Metallwerkstatt - sie lässt sich, trotz Maske, mit allen Sinnen, wahrnehmen. Die Ausstellung „La Grande Bouffe“ ist auch ein Verweis auf Entwicklung sozial-gesellschaftlicher Strukturen während der Pandemie. Die Szene eines ausschweifenden Festmahls konfrontiert die Bertrachter*innen mit Erinnerungen, Wünschen, Nostalgie und stellt ein hypothetisches Ende oder Neuanfang in Aussicht.
Die Tafel bewegt sich zwischen Notwendigkeit und Möglichkeit. So wie Menschen in Bedürfnissen verbunden sind, gleichzeitig durch unterschiedliche soziale Strukturen wieder voneinander getrennt werden - findet auch auf der Tafel ein ständiges Fließen zwischen Verschmelzung und Abgrenzung, des Miteinanders und Gegeneinander statt. Die Besucher*innen werden in ein „Uncanny Valley / unheimliches Tal“ geführt, in dem Grenzen zwischen künstlerischer Arbeit und Alltagsgegenständen, Nahrung und geselligen Relikten verschwimmen, zwischen Vergänglichkeit und Haltbarkeit. Die Szene erscheint in seltsamer, fast gespenstischer Weise vertraut und doch scheint „nichts zu stimmen“. Fragen nach Ablehnung und Akzeptanz füllen gemeinsam mit der reizüberflutenden Szenerie die Galerie, deren Wände leer bleiben.
Text: Leontine Köhn
Leontine Köhn