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2021
KubaParis
SHABRACK
Location
fiebach, minningerDate
23.06 –30.07.2021Curator
Luisa SchlotterbeckPhotography
Martin PlüddemannSubheadline
Eliza Ballesteros solo show @ fiebach, minninger in CologneText
SHABRACK
In einer Jahrtausende währenden Fühlung, binden sich Mensch und Pferd: visuelle Fragmente einer einst kultischen Verehrung zeugen von einer bis heute symbolisch aufgeladenen oder neu produzierten Vielzahl an Zeitzeugnissen der Beziehung zwischen Mensch und Tier. Die Domestizierung führt über die Zeit und durch das Einwirken verschiedener Kräfte zu sogenannten Merkmalsänderungen der Lebewesen. Anatomische Veränderungen sowie veränderte Verhaltensweisen werden als Domestikationseffekte bezeichnet. Das Wildpferd wird zum Pony, die Wildpflanze zur Ikea-Palme: Es sind Lebewesen, die von ihrer Wildform isoliert wurden, stets um der Anpassung gemäß des Nutzens Willen.
Eliza Ballesteros verweist in ihrer raumgreifenden Installation CONES (FOR MICHAËL), 2021 auf die Bildsujets der Cones in Michaël Borremanns Gemälden. Der Zufallsprozess, der zu dieser Werkserie Borremanns führte, begann mit Stoffproben, um Kostüme für eine andere Serie herzustellen. Die Stoffe wurden auf Kegeln präsentiert, um die Form eines menschlichen Körpers zu simulieren. Borremans war fasziniert von der seltsamen und eigentümlichen Präsentation der Objekte und beschloss sie zu malen. Die stillen Protagonisten des Malers werden in der Ausstellung SHABRACK als Objekte zu Spielsteinen transformiert. Sie verlieren ihr maskenhaftes Antlitz und hüllenartige Magie. Sie werden zu abstrakten und raumgreifenden Objekten, die auf einer streng behaupteten Fläche bloßgestellt werden. Durch die Aneignung der Bildsujets, gelingt es Ballesteros, die Schichten der gemalten und realen Räume zu verkehren und die Idee von Abstraktion und Figuration, einmal um sich selbst zu stülpen.
Die eigens für die Ausstellung entstandenen Holzintarsien aus der Serie WHIP (2021), zeigen verschiedene Peitschenarten oder auch einen Peitschenkreisel, in Form ornamentaler Holzmosaike. Bereits in den ältesten bekannten Hochkulturen konnten Nachweise solcher Einlegearbeiten, beispielsweise an Särgen und später an profanen sowie sakralen Funktionsträgern, belegt werden. In den Wandarbeiten spielt sie mit ihrem grafischen Interesse, behauptet einen domestischen Bezug und suggeriert dabei ihr Faszination für die Dysfunktionalität der Dinge.
Ballesteros verweigert ein präzises Abbild des Pferdes, verarbeitet stellenweise Fell in ihren Cones und verschränkt diese mit dem Interesse für das Tier und seinem Zaumzeug. Mittels der Arbeiten HORSE BITE I-II (2021) hinterlässt die Künstlerin gestische Spuren des Führens und Lenkens. Die Trense im Mund und die Zügel in der Hand – sie sind Bindeglieder zwischen Dominanz und Devotion; fetischisierte Werkzeuge zur Ermächtigung und Kontrolle oder zum Verlust ebendieser.
Luisa Schlotterbeck
Luisa Schlotterbeck