Babette Semmer

tausend tränen

Project Info

  • 💙 Studio Hanniball
  • 💚 co-curated by Fabia Mendoza
  • 🖤 Babette Semmer
  • 💜 Fabia Mendoza
  • 💛 Clara Sartor

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Krisensitzung mit Plastikäpfeln (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 180 x 220 cm.
Krisensitzung mit Plastikäpfeln (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 180 x 220 cm.
Mutterliebe (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 60 x 50 cm. / Zuckerstreuer (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 60 x 50 cm.
Mutterliebe (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 60 x 50 cm. / Zuckerstreuer (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 60 x 50 cm.
Buttermesser (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 24 x 18 cm.
Buttermesser (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 24 x 18 cm.
Brötchen (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 55 x 75 cm.
Brötchen (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 55 x 75 cm.
Margeriten (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 160 x 120 cm.
Margeriten (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 160 x 120 cm.
Bianca (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 68 x 68 cm.
Bianca (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 68 x 68 cm.
Gewissensbiss (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 120 x 140 cm.
Gewissensbiss (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 120 x 140 cm.
Gewissensbiss (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 120 x 140 cm.
Gewissensbiss (2025): Öl und Sand auf Leinwand, 120 x 140 cm.
Ute im Bad (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 200 x 130 cm.
Ute im Bad (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 200 x 130 cm.
Ute im Bad (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 200 x 130 cm.
Ute im Bad (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 200 x 130 cm.
Babsi, Nancy und Mutter (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 130 x 200 cm.
Babsi, Nancy und Mutter (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 130 x 200 cm.
Sie spürt keine Traurigkeit (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 120 x 170 cm.
Sie spürt keine Traurigkeit (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 120 x 170 cm.
Rattan und Sprudel (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 57 x 48 cm.
Rattan und Sprudel (2024): Öl und Sand auf Leinwand, 57 x 48 cm.
Wir diskutieren den Hängeplan von Babette Semmers Gemälden für ihre Ausstellung „tausend tränen“ im Studio Hanniball, als mein Handy vibriert. „Ich glaube, wir müssen das beenden. Das mit uns ist eine Flucht aus der Realität. Ich glaube, ich muss ein bisschen vernünftiger sein, sonst komme ich nicht weiter im Leben“, schreibt mir mein Highschool-Lover. Vor einigen Wochen, nach fünfzehn Jahren Ehe, Scheidung und Sorgerechtsstreitigkeiten, waren wir uns wieder begegnet – sinnlich, intensiv, wie in einer BRAVO-Foto-Love-Story. Ein Flashback-Fling, der mein Herz tief berührte. Die Realität Verschiedene Städte, Verpflichtungen, Kinder – keine Perspektive. Und trotzdem will ich rufen: Nein, lass uns unvernünftig sein! Lass uns für immer sechzehn bleiben! Es ist doch das Leichtsinnige, das uns tief berührt. Diese geteilte Nostalgie nach einer Zeit, in der sich alles um das geklaute Garnier-Vanille-Shampoo, Herzschmerz oder maximal den letzten Streit mit den Eltern drehte. Wer würde nicht lieber mit der besten Freundin Zungenküsse auf dem flauschigen Teppich üben, als die Steuererklärung zu machen? Mein kleiner Heartbreak in der Mittagspause hat mir klargemacht: Unser Erwachsenenleben ist oft zu eng für romantische Eskapaden. Hier setzt Babette Semmers Malerei an, die sich den fragilen Momenten des Erwachsenwerdens zuwendet. Die 1989 geborene Künstlerin erhielt 2024 ein Arbeitsstipendium des Berliner Senats. Ihre neuen Arbeiten basieren auf den ikonischen BRAVO-Foto-Love-Stories – jenem emotionalen Feuilleton unserer Jugend. Doch statt bloßer Nostalgie geht es ihr um tiefere Themen: Intimität, Sehnsucht, Scham, Verletzlichkeit, Hoffnung – und vor allem um die Unsicherheit der Selbstfindung. Sie fragt auch nach der eigenen Identität als Mutter – und nach der Innenwelt der Generation ihres Kindes. Generation Alpha wächst in einer Welt auf, in der nicht die Beziehung, sondern die Außenwirkung im Zentrum steht. Identität wird kuratiert, Gefühle gefiltert. Zwischen Bildschirmen und Reizen ersetzt Reichweite die Tiefe, Reaktion die echte Verbindung. Semmers Bilder sind keine Rückschau, sondern eine Einladung zur Reflexion. Denn BRAVO war einst das soziale Medium der Millennials – roh, poetisch, moralisch. Semmer selbst steht diesem durch Liebesdramen verschleierten Extrembeispiel von Heteronormativität und Bürgerlichkeit nicht unkritisch gegenüber. Dennoch wird eins deutlich: In "Babsi, Nancy und die Mutter"(2024, Öl und Sand auf Leinwand, 130 × 200 cm) begegnen sich die Figuren vis-à-vis, und es geht um echte Emotionen. Semmers Malerei stellt sich bewusst gegen den makellosen Filterblick unserer aktuellen Realität. Ihre Werke sind tastende Beiträge zur Gegenwartskunst, in der die Malerei – in Konkurrenz zu KI und NFTs – wieder mehr an Bedeutung gewinnt. Durch ihre Technik – ein Gemisch aus Öl und Sand – entsteht eine skulpturale Haptik. Das Stück Butter in "Buttermesser" (2025, Öl und Sand auf Leinwand, 24 × 18 cm) wirkt nahezu berührbar. In dieser impressionistisch anmutenden Technik liegt der Schlüssel zu Semmers Werk: Der Aufruf an uns alle, wieder zu fühlen. „Seltsam“, sagt meine Großmutter und blickt in ihr verknittertes Spiegelbild, „ich fühle mich im Herzen noch immer wie sechzehn.“ Wenn man Simone de Beauvoirs existenzialistischer Sicht auf Identität Glauben schenkt, dann ist die alte Frau dieselbe wie die junge – sie hat nur einen anderen Körper. In Babette Semmers Gemälden geht es um Nähe. Um Echtheit. Um Berührung – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Denn wir alle fürchten das Altern und fliehen vor ihm in Äußerlichkeiten. Ihre Arbeiten fordern uns auf, umzudenken: Nicht das Äußere zählt, sondern das Innere.Oder, um es mit C. G. Jung zu sagen: "Ein Mensch wird alt, wenn er aufhört, jung zu fühlen."
Fabia Mendoza

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